How I met my money

How I met my money

Der Finanzpodcast für Anfänger

Transkript

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Speaker 2: Willkommen zu How I Met My Money, dem Finanzpodcast für Anfänger mit Ingo Schröder und Lena Kronenbürger. Ingo. Hallo Lena. Heute sprechen wir über die sexuelle Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen und was diese mit Geld zu tun hat. Dafür begrüße ich ganz herzlich unsere heutige Expertin Meline Götz. Hallo Meline.

Speaker 1: Hallo in die Runde, danke für die Einladung.

Speaker 2: Hallöchen. Du bist ausgebildete Sozialpädagogin und zertifizierte Sexualpädagogin und hast mehr als zehn Jahre Erfahrung im sexuellpädagogischen Bereich und bereits beratend gearbeitet mit Fachkräften, Kindern, Jugendlichen, Erwachsenen und Menschen mit Behinderung. Bei dem Thema, das wir heute ansprechen, musste ich sofort an den Film Ziemlich beste Freunde denken. Der ist jetzt ziemlich alt schon, aber ich hab ihn so tausendmal gehört. Ingo, kennst du den? Ja, das ist ein querschnittsgelähmter, wohlhabender Mann, der einen Pfleger einstellt. Einen Ex-Gauner, so könnte man das sagen. Auf jeden Fall jemand, der nicht so die Erfahrung hat. Und der stellt ihn ein, weil er das so cool findet, dass der neue Pfleger, dieser Ex-Gauner, sag ich mal, keinen Mitleid mit ihm hat. Und irgendwann geht's auch Sexualität in dem Film. Und Da bekommt der Pfleger zu verstehen, dass er keinen penetrativen Sex mehr haben kann. Und deshalb organisiert er ihm eine erotische Ohrenmassage. Ist das, Melina, realistisch oder überhaupt nicht?

Speaker 1: Also da stecken ganz viele Sachen drin. Ich muss mal kurz überlegen, wo ich anfange. Also ich meine, gehört zu haben, das basiert ja auf einer wahren Geschichte der Film. Und ich glaube, ist schon älter als zehn Jahre. Und mit meiner Arbeit bin ich aber mit so paar Klischees, die auch immer wieder reproduziert werden.

Speaker 2: Du hast ein Afe oder so.

Speaker 1: schon in Berührung gekommen. Und eines davon ist, dass Menschen mit Behinderung, das ist ja eine sehr große, sehr heterogene Gruppe, da kann ich gleich noch was zu sagen, aber mit einer sichtbaren Behinderung, also zum Beispiel Körperbehinderung, wie in diesem Film, keinen Sex haben können oder keine Sexualität leben oder irgendwie das über andere Sinneswahrnehmungen erfolgt oder die dann stärker ausgeprägt sind. Und natürlich kann es sein, dass eine Person nicht so Sex haben kann, wie wir das sozusagen in Filmen und Medien sozusagen vorgeschrieben oder gezeigt bekommen. Aber in der Geschichte meine ich, dass der Mann auch eine Familie gegründet hat und zwei Kinder hatte. Und diese erotische Ohrenmassage ist doch auch schon ein bisschen weiter weg von der Realität. Also das habe ich in meiner Praxis tatsächlich so noch nie gehört.

Speaker 2: Können wir noch mal bisschen von vorne anfangen? hast es ja gerade auch erwähnt, dass die Definition von Behinderung auch eine größere Gruppe mit gemeint ist. Also wie lautet denn die Definition von eine Behinderung zu haben?

Speaker 1: Also noch gar nicht so lange her war Behinderung der Begriff auch nicht so beliebt. Also vielleicht kennt ihr ja auch die Ausdrücke, bist du behindert oder was oder das ist ja voll behindert oder so. Und mittlerweile hat sich der Begriff verändert. Also es geht nicht nur die medizinische Komponente, also Körperstrukturen, die anders sind oder Körperprozesse, die vielleicht nicht funktionieren, eine Person, die zum Beispiel gehörlos ist oder nicht sehen kann, sondern es umschließt auch die soziale Ebene. Also eine Person wird auch behindert durch fehlende Inklusion. Also zum Beispiel eine Person mit Rollstuhl kommt nicht in alle Gebäude rein, eine blinde Person kann nicht alles lesen, wenn es nicht in Brei-Schrift ist. Also da wird noch sozusagen Das medizinische Modell erweitert durch die soziale Komponente und erst das bestimmt, also das ist sehr runtergebrochen, es spielen auch noch andere Aspekte in die Definition mit rein, aber so in Kurzform, das bestimmt, also die Behinderung, wie stark eine Person behindert ist, wird zum einen durch die Person selbst, aber vor allem auch durch die Gesellschaft, durch das Umfeld bestimmt.

Speaker 2: Was bedeutet es genau, also durchs Umfeld bestimmt?

Speaker 1: Also es geht schon ⁓ die Gesellschaft sozusagen, ⁓ strukturelle Diskriminierung, würde ich jetzt sagen. Also das Beispiel finde ich ganz gut mit dem Rollstuhl. Eine Person sitzt im Rollstuhl und möchte gerne eine andere Person, die wohnt aber in einem Hochhaus und der Aufzug ist kaputt. Schon kommt die Person mit Rollstuhl da nicht hin. Und das ist etwas, was sozusagen von außen vorgegeben ist. Und das begegnet Menschen mit Behinderung sehr häufig, dass sozusagen die Gesellschaft sie nicht mitdenkt. Wenn ich verreisen will, dann muss ich das anmelden, wenn ich an den Flughafen gehe. Ich muss bei der Bahn vorher anrufen und muss das extra anmelden. Dann bin ich vielleicht am Gleis. Dann gibt es den Hinweis von der Bahn. Ja, aber der Aufzug funktioniert nicht. Dann muss ich vielleicht wieder in den Zug steigen, an einen anderen Bahnhof fahren, ⁓ da eben von dem Gleis runter in den Bahnhof zu kommen. Also das hat so ganz viele Ebenen. Dann muss ich mir einen Taxi besuchen und zu dem Ursprungsort zu kommen. Dann sagt der Taxifahrer, ja, aber ein Rollstuhl passt jetzt nicht in meinen Kofferraum. Das wurde mir nicht gesagt. Dann muss ich ein anderes Taxi bestellen. Und das meint sozusagen das soziale Modell von Behinderung, dass die Behinderung erst mal nicht die Erschwernis ist, sondern dass es dann schwierig ist, wenn die Gesellschaft nicht inklusiv ist und Menschen mit Behinderung Benachteiligungen erfahren aufgrund ihrer Behinderung. Weil sie eben Sachen, die wir so für ganz normal erachten, wir gehen zum Bahnhof, steigen in den Zug, steigen wieder aus, gehen irgendwo hin, weil es unter Umständen eben nicht so funktioniert.

Speaker 2: Und da kommt das Thema Geld ja direkt ins Spiel, Also wofür werden zum Beispiel Steuergelder verwendet? Und warum gibt es zum Beispiel vielleicht weniger Aufsicht? Mir fällt das immer wieder auf. Also in New York ist es ganz krass, dass ich auch denke so, also wenn ich jetzt in die Zukunft denke mit Krümel und Kinderwagen, wenn ich bald das kleine Baby rumschiebe, weiß ich gar nicht genau, wie ich das machen soll hier in der Bahn. Und das Das ist für Rollschuhfahrerinnen vermutlich noch mal fünfmal so schlimm. Wie ist das so? Ist das etwas, du sagst, da merkst du auch so eine, keine Ahnung, ein Gräu vielleicht, so eine Systemkritik, wo du sagst, da müssten wir eigentlich total ansetzen, dass wir daran investieren?

Speaker 1: Also es hat gerade eine Frau mit Behinderung gesagt, dass Menschen mit Behinderung in der Gesellschaft nicht sichtbar sind und nicht vorkommen und nicht mitgedacht werden und dass das eine ganz große Diskriminierung ist. Und vielleicht nochmal, ihr seid ja auch an Zahlen interessiert, also Menschen mit Behinderung bilden die größte Minderheit weltweit ab und es wird häufig so dargestellt, ich und die anderen, also wir alle können von heute auf morgen von Behinderungen betroffen sein. Also nur drei oder vier Prozent sind angeboren oder erblich bedingt und der Rest geschieht durch Unfälle und im Laufe des Lebens durch Alterungsprozesse. Und das finde ich total spannend, weil die Gesellschaft häufig so tut, als wären die Menschen mit Behinderungen die anderen und als würde uns das nicht betreffen. Also genauso wie mit Alter. Und eigentlich ist es ein sehr großes Thema. dass uns vielleicht alle, also wir alle sind irgendwann im Leben mal beeinträchtigt vielleicht über einen Zeitraum durch Krankheit. Und das finde ich einfach sehr spannend, dass es so wenig vorkommt. Auch noch mal das Beispiel ziemlich beste Freunde. Der Film ging ja tatsächlich den Mann mit seiner Behinderung. Das stand ja eigentlich im Mittelpunkt. Und wenn ihr so überlegt, was ihr für Filme kennt, also wenn ihr jetzt in Romcom guckt oder so was, da ist eigentlich nie eine Person, die eine Behinderung hat und die Behinderung spielt keine Rolle. Also eine Person, die sozusagen sich verliebt, dann ist die andere Person vielleicht vergeben und dann gibt es irgendwie so einen Plot-Twist und dann klappt das irgendwie doch und dann ist es Happy End und die Behinderung spielt gar keine Rolle und es gibt das eigentlich nicht. Also das heißt, entweder werden Menschen mit Behinderung sichtbar, wenn es die Behinderung geht und dann auch als leidend häufig dargestellt oder als Opfer der Umstände oder dass das etwas Schlimmes ist, sozusagen. Aber es wird nicht als Normalität, als einen Teil unserer Gesellschaft dargestellt. Und das zeigt, finde ich, ganz deutlich, wie wenig Auseinandersetzung mit dem Thema passiert. Und was du gesagt hast, es wird glaube ich auch an vieler Stelle viel zu wenig darin investiert, dass Menschen mit Behinderung ganz selbstverständlich teilhaben können an unterschiedlichen Sachen, also an Kultur, aber eben auch an Sexualität und so weiter.

Speaker 2: Sag mal, wie kam es eigentlich für dich dazu, dass du so diesen Fokus darauf gerichtet hast? Also ich meine, der typische Weg von der Sozialpädagogin und Sexualpädagogin ist jetzt wahrscheinlich nicht unbedingt, dass man den Fokus darauf legt oder der sich dahin entwickelt hat. Wie kam das bei dir?

Speaker 1: Ja, also das war nicht so geplant, ehrlich gesagt. Ich habe soziale Arbeit studiert, ich habe eine Beraterinnen-Ausbildung und habe dann nach ein paar unterschiedlichen Jobs und einer langen Weltreise bei der Pro Familia angefangen. Das ist eine Beratungsstelle für Ungewollte Schwangerschaften und auch für Sexualität und habe da den Schwerpunkt sozusagen angetragen bekommen. Mensch, mach mal was zu sexuellen und reproduktiven Rechten von Menschen mit Behinderung. Ziemlich sperriger Begriff, wie ich finde. Und ich hab dann versucht, den mit Leben zu füllen und hab einfach erstmal in Bremer Einrichtungen nachgefragt. Und zwar die Menschen mit Behinderung gefragt. Also ich hab diesen Schwerpunkt, ich hab Kapazitäten und was wünschen sie sich? Und dann kam eben ganz viel zurück, ja, wir wünschen uns einen Partner, eine Partnerin, es ist so schwierig in Einrichtungskontexten jemanden kennenzulernen. Und dann habe ich da Flirtkurse durchgeführt. Ich habe mich erst mal selber sozusagen fortgebildet bei einer Flirt-Trainerin. Das war sehr lustig und habe das dann eben versucht, so ein bisschen runterzubrechen, weil ich mit kognitiv beeinträchtigten Menschen vor allem gearbeitet habe am Anfang. und hab dann Flirtcourses durchgeführt mit anschließenden Speed-Datings einrichtungsübergreifend. da, ja, das war total cool. Und da wurde das aber so deutlich, dass die UnterstützerInnen, also die BetreuerInnen, ganz unterschiedlich reagiert haben. manche haben zu mir gesagt, ja, aber meine Klientin, ich muss daneben sitzen, der oder die kann das nicht. Oder die beiden sollen nicht miteinander reden, weil das kein gutes Match. Und manche haben sich rausgezogen. Und da hab ich gemerkt, es gibt... im Unterstützerinnen-System ganz unterschiedliche Haltung über die Sexualität von Menschen mit Behinderung. Und es gibt eine extrem hohe Einmischung und Fremdbestimmung und extrem wenig Möglichkeiten, das selbstbestimmt zu gestalten. Und die Rechtslage ist ja aber für alle Menschen gleich. Also alle Menschen haben die gleichen sexuellen und reproduktiven Rechte, auch Menschen mit Behinderung. Und das hat mich total angefixt und das hat mich total interessiert. Und dann ist das immer größer geworden. Und ich war also tatsächlich auch ziemlich erschüttert, wie viele krass freiheitsberaubende oder wie wenig selbstbestimmt also Menschen vor allem, die in Einrichtungskontexten leben, häufig sind, was die Sexualität betrifft.

Speaker 2: Was mir gerade dazu eingefallen ist, es gab mal eine wunderbare Doku. glaube, es war auf jeden Fall die öffentlich-rechtlichen zum Thema Sexualität und Down-Syndrom. Wo die das auch ganz schön beschrieben haben. Ich glaube, es war mal ein sehr spezieller Fall auch, weil glaube ich, eine sexuelle, eine bestimmte Ausprägung besteht oder die eine Affinität mit dem Down-Syndrom, glaube ich, Aber dass ja an sich das Reproduzieren nicht sinnvoll ist. Ich hoffe, sagte nichts Falsches, aber da kannst du sicher gleich noch mehr zu sagen. Aber ich fand die Dokumentation an sich sehr schön gemacht, weil es ja auch etwas Besonderes ist, wo man noch mal merkt, dass auch es für die Person überhaupt gar nicht einfach war, jetzt mal außerhalb von ... Da kommen wir auch bisschen auf das Thema Geld, sich zum Beispiel Sexualität zu kaufen. Also, dass viele Prostituierte das auch ablehnen in dem Moment. Oder es eben auch spezielle Prostituierte gibt, die sich auf solche oder die so Personen mit Down-Syndrom auch annehmen, Anführungszeichen. Auch das fand ich krass zu sehen erst mal. Und spannend, dass auch in der schönen Doku aufbearbeitet.

Speaker 1: Ja, also da fallen mir mehrere Sachen zu ein. Ich kann gleich nochmal was sagen zu sozusagen der letzten Frage. Ich finde das nochmal wichtig, weil das ist wirklich etwas, was gesellschaftlich so ganz häufig noch verankert ist, dass eben Menschen mit Behinderung eine andere Sexualität haben, eine besondere Sexualität oder gar keine Sexualität und auch sozusagen kein Recht oder eher schon das Recht, aber es ist nicht so erwünscht, sich zu reproduzieren. Ich habe da eine sehr klare Haltung. Ich glaube, dass jeder Mensch das selbst entscheiden darf und muss und dass ich finde das nochmal wichtig klarzustellen. Die Sexualität von Menschen mit Behinderung ist nicht anders oder besonders. Das finde ich total wichtig, weil wir alle haben, also manche von uns haben irgendwelche Kinks, manche von uns. Leben Queer, also Sexualität ist so super bunt und das trifft genauso auf Menschen mit Behinderung zu. Das finde ich nochmal wichtig. häufig wird das dann so ein bisschen vermurkst, weil eben die Sexualität so unterbunden wird vom Umfeld und dann äußert sie sich vielleicht in Übergriffen oder eben in der Öffentlichkeit, wo sie nicht passend ist. Und das ist aber so meistens ein Produkt von nicht anerkennender Sexualität, sage ich mal. Und die zweite Frage, du also hake gerne ein, wenn du da noch was wissen willst, die zweite Frage ist vielleicht nochmal die Gruppe von Menschen mit Behinderung. Also wir haben Menschen mit Körperbehinderung, gehörlose Blinde, Menschen mit Down-Syndrom. Also es ist mannig-falschig sozusagen und lässt sich eigentlich gar nicht pauschalisieren und das wird oft gemacht. Und es gibt sozusagen Sex-Workerinnen oder eine sexuelle Dienstleistung für Menschen mit Behinderung oder auch für alte Menschen. Die werden häufig Sexualassistenzen genannt oder Sexualbegleitungen. Und die bieten häufig keinen penetrativen Sex an, sondern so was wie erotische Massagen, gemeinsames Nacktsein, wechselseitiges Berühren oder auch Hilfe zum Solosex, also zur Selbstbefriedigung. Weil zum Beispiel, wenn ich eine Spastik in der Hand hab, kann ich mich vielleicht nicht so selbst befriedigen, dass ich zum Abschluss komme. Also als ein Beispiel. Und dann brauch ich vielleicht eine Person, die mir da Hilfestellung gibt. Weil wenn ich in einem Betreuungssetting bin, das darf ja nicht die Person machen, die mich begleitet, also die mich pflegt oder betreut. Weil da besteht ja ein Abhängigkeitsverhältnis. Also das darf rechtlich überhaupt nicht vermischt werden. Deswegen gibt es diese Sexualassistenten und Assistentinnen. Und da ist tatsächlich das Problem, dass die sehr teuer sind. Also so eine Session von einer Stunde kostet ungefähr 150 Euro. Und Menschen mit Behinderungen sind häufig nicht auf dem ersten Arbeitsmarkt. Die sind im Werkstattkontext eingebunden. Und das ist für viele einfach ein Betrag, der nicht zu leisten ist, vor allem nicht regelmäßig zu leisten ist. Wenn ich darauf angewiesen bin, zum Beispiel zur Selbststimulation, also wenn ich kein geeignetes Sex-Toy nutzen kann oder so, dann heißt es vielleicht, dass ich einmal im halben Jahr in den Genuss komme, Sexualität zu leben und den Rest nicht. Und das ist ja schon ziemlich krass.

Speaker 2: Ja und das gleiche gilt vermutlich dann auch, was du gerade angesprochen hast, Sextoys zum Beispiel muss man sich ja dann auch leisten können, wenn es solche Hilfsmittel gibt.

Speaker 1: Ja, genau.

Speaker 2: Aber wie läuft das dann konkret ab? nochmal, hast ja gerade angesprochen, mit den finanziellen Mitteln, was steht denn da überhaupt dann zur Verfügung? wenn man jetzt auf dem Zweitmarkt quasi arbeitet, so wie du es gesagt hast, in einer Werkstatt, und was sollte da einer Meinung nach noch für Kosten, also wofür sollte man eigentlich, der Staat, denn noch zusätzlich aufkommen?

Speaker 1: Ja, also das ist ja eine ganz große Frage. Ich weiß nicht, ob ihr das mitbekommen habt. Es war einige Jahre, da hat irgendwie die Bildzeitung, glaube ich, getitelt irgendwie, was war das Sex auf Rezept? Da ging es genau darum, also wer trägt die Kosten für Sexualassistenz? Grundsätzlich kommt die Krankenkasse nicht dafür auf, weil sie sagt, das Bedürfnis nach Sexualität hat ja jetzt erstmal keinen Krankheitswert. Und die Grundsicherung plant aber auch nicht wirklich Budget für Sexualität mit ein. Und bisher wurde das sozusagen, also gab es dafür nichts und es gibt jetzt einen Präzedenzfall aus Hannover. Da hat ein junger Mann, der ist auf dem Arbeitsweg verunglückt und hat sozusagen eine Behinderung erworben. und konnte sehr genau nachweisen, so und so sah meine Sexualität, mein Sexualleben bisher aus. Das kann ich jetzt so nicht mehr ausleben. Und deswegen müsst ihr das übernehmen. Und da hat jetzt zwei oder drei Jahre lang die Berufsgenossenschaft eine Sexualassistenz finanziert. Und da gab es jetzt eben eine gerichtliche Auseinandersetzung, weil die das nicht mehr machen wollte. Und er hat aber gesagt, das ist mein Grundbedürfnis und das steht mir zu und das kann ich jetzt so nicht mehr ausleben und ihr müsst dafür aufkommen und das Gericht hat dem zugestimmt. Aber es fehlt halt noch die zweite Instanz. Aber das finde ich super spannend, weil das das erste Urteil war, soweit ich weiß, dass Sexualität auch als Grundbedürfnis anerkennt. Und bisher gibt es einfach keine Gelder. Also es wird von niemanden sozusagen getragen. Und ich weiß gar nicht, wie hoch die Werkstattgehälter sind, aber nicht so, dass ich mir regelmäßig eine teure Sexualassistenz leiste.

Speaker 2: Ist Sexualität so oder so ein Grundbedürfnis? Also wie ist das in der Literatur?

Speaker 1: Ja, also ein Kollege von mir, der macht sexuelle Bildung in Grundschulen. Das ist ja vielleicht ein Thema oder Kinder habt ihr ja gesagt, gerade ein nächstes Thema und der fragt Kinder immer, wie würdet ihr außerirdischen Sexualität erklären? Und die erklären häufig Ja, ist doch ganz einfach. Der Mann steckt seinen Penis in die Vagina der Frau und dann entsteht ein Baby. Also die erklären Sex und Reproduktion sozusagen. Und Sexualität ist aber tatsächlich ein Grundbedürfnis in dem Sinne, dass wir körperliche Wesen sind. dass wir, wir kommen ja auf die Welt und da gibt es ja auch in den 70er-, 80er-, 90er-Jahren Studien zu. Wenn wir mit Essen und Trinken versorgt werden, mit ausreichend Schlaf und sauber gehalten werden, aber keinen Körperkontakt erfahren, dann haben wir eine wesensichere Sterblichkeitsrate und Krankheitsanfälligkeit und verkümmern. Also wir sind, und das ist mit Sexualität gemeint, wir sind körperliche Wesen, wir brauchen den Körperkontakt. Damit ist nicht gemeint, wenn wir keinen Sex haben, überleben wir nicht. Das ist Blödsinn. Aber vielleicht kennt ihr auch Studien, dass Depressionen auch sich bessern, je nach Schwere, wenn Körperkontakt besteht. Das spiegelt sich auch im Alter wieder auf Demenzstationen, jetzt zu Corona-Zeiten. Ganz viele Menschen sind eben nicht an Corona gestorben, sondern mit, also durch Corona, weil eben alles an Körperkontakt weggefallen ist. Und das erlebe ich auch in den Einrichtungen, dass sich dann nachts in fremde Betten gelegt wird, eine Frau mit Demenz oder so, die einfach dieses Bedürfnis hat und nicht mehr differenzieren kann. Darf ich das jetzt oder darf ich das nicht? Also das ist so damit gemeint, dass Sexualität eben ein Bedürfnis ist, das wir alle haben.

Speaker 2: Ich fand das ganz spannend, Ingo. hast in einer deiner Frage gesagt, korrigiere mich, Meline, wenn das jetzt falsch ausgedrückt ist. Und dieses Gefühl kann ich total nachvollziehen. Und vielleicht haben das jetzt auch einige Hörer. Man merkt, so oft hab ich noch gar nicht über das Thema gesprochen. über Menschen mit Behinderungen und wie deren Lebensrealität aussieht. Und du hast sie auch noch mal wirklich toll betont. Das kann uns alle treffen. eigentlich Normalität und sollte zum Beispiel mehr in unserem Alltag gesehen werden, aber auch in der medialen Darstellung. Was würdest du sagen, Melinie, wie können wir da hinkommen? Also auch vielleicht jeder Einzelne, das Thema eben nicht so ein Randthema ist, das man vermeidet oder da rumtapst, sondern dass man sagt, ja klar, da fühle ich mich total wohl, darüber zu reden und es ist mir auch wichtig, dass mehr in die Gesellschaft zu tragen.

Speaker 1: Das ist eine gute Frage. Vielleicht ein erster Schritt wäre, wo habe ich Berührungspunkte damit in meinem privaten Umfeld? Und vielleicht auch, warum habe ich da keine Berührungspunkte mit, wenn es eigentlich so viele Menschen betrifft? Und auch vielleicht eigene Klischees. Das ist ja auch etwas Unbewusstes, was sozusagen Gesellschaft ja auch uns vermittelt. Leistungsfähigkeit und so. Gesellschaft normiert und teilt ja auch ganz viel ein. Und ich glaube, das ist wichtig, dass wir das nochmal reflektieren. Was sind so unsere Klischeevorstellungen oder auch vielleicht unsere Berührungsängste? Manchmal löst es auch Scham und Unsicherheit bei uns auf, wenn wir auf einen Menschen mit Behinderung treffen, weil wir gar nicht wissen, wie können wir ins Gespräch gehen? Also es konfrontiert uns eigentlich mit unserer eigenen Unwissenheit. Ich empfehle immer, Menschen mit Behinderung, also ganz konkret auf Social Media zu folgen. Es gibt ganz viele tolle Influencerinnen, aus ihrem Alltag berichten, aufklären, die Normalität zeigen. Also zum Beispiel Laura Gelhaar, Raul Krauthausen, Linus Bade, ⁓ nur ein paar zu nennen, die das Thema ergreifbarer auch machen. Also ich würde immer schauen, wem kann ich sozusagen folgen, da so bisschen meinen Horizont zu erweitern und einfach auch mehr über dieses Thema zu lernen, dass sich das Tabu abbaut. Und wenn wir das alle machen, dann gibt es auch weniger Berührungsängste und weniger Tabu und mehr Selbstverständlichkeit auch zu diesem Thema.

Speaker 2: Toll. Herzlichen Dank, Merline, dass du uns diese konkreten Tipps mit auf den Weg gegeben hast und uns das Thema sexuelle Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderung und was diese mit Geld zu tun haben beleuchtet hast. Vielen Dank.

Speaker 1: Danke euch!

Speaker 2: Oh, noch Tschüss sagen, ne? Ach so, Entschuldigung. Entschuldigung, ja. Ja. Ich nie mehr nochmal Tschüss sagen. Ja. Tschüss. Ciao. Danke, dass du zugehört hast. Und toll, dass du ein Teil von How I Met My Manny bist. Wir hoffen, habt diese Folge gefallen. Um keine Folge zu verpassen, klickt einfach direkt auf den Abonnieren-Button auf Spotify, Deezer und Apple Podcast.

Speaker 1: Tschüss!

Speaker 2: Für weitere Tipps und Tricks und Informationen, damit du dein Geld und dich besser kennenlernst, folge uns auf Instagram, Twitter, Facebook und LinkedIn. Dort kannst uns auch immer schreiben, falls du Fragen, Feedback oder Themenwünsche hast. How I Make My Money wird gesponsert von der MyVac-Finanzakademie. Spannende Online-Kurse für deine finanzielle Zukunft zu ETFs, Immobilien und Altersvorsorge. Natürlich gibt's für dich Rabatt. Schau dafür einfach in die Show Notes. Bis zum nächsten Money Monday. Wir freuen uns schon.

Über diesen Podcast

Was, wenn dein Umgang mit Geld mehr über dich verrät, als du denkst?
In How I met my money geht’s nicht nur ums Geld - sondern darum, was es mit dir macht.

Journalistin und Interviewerin Lena Kronenbürger & Honorarberater und Finanzcoach Ingo Schröder sprechen offen über die Themen, die meist unter der Oberfläche bleiben: Geldsorgen, Beziehungskonflikte, Scham, Sicherheit und echte Freiheit.

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Disclaimer: Der Inhalt dieses Podcasts dient ausschließlich der allgemeinen Information. Die im Podcast gemachten Aussagen sind nicht als Aufforderung oder Empfehlung zu verstehen, einzelne Finanzprodukte zu erwerben oder zu verkaufen. Alle Informationen aus diesem Podcast können und sollen eine individuelle Beratung durch hierfür qualifizierte Personen nicht ersetzen.

von und mit Lena Kronenbürger & Ingo Schröder

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