How I met my money

How I met my money

Der Finanzpodcast für Anfänger

Transkript

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Speaker 2: Willkommen zu How I Met My Money, dem Finanzpodcast für Anfänger mit Ingo Schröder und Lena Kronenbürger.

Speaker 1: Hallo Ingo! Hallo Lena!

Speaker 2: Heute sprechen wir über Zeit. Arbeiten, Kehrarbeit, putzen, in Gründen nicht nur die Zähnchen, auch die Küche. Das ist einfach so, dass wir das machen müssen und da empfinden wir vielleicht auch ihr da draußen die Zeit manchmal so als knappes Gut. Und die Frage ist, wie könnte denn ein Leben aussehen, wenn wir reich an Zeit wären? Das frage ich jetzt mal den Journalisten Stefan Böes. Hallo Stefan.

Speaker 1: Hallo, schön bei euch zu sein. Hallo Stefan, grüß

Speaker 2: Stefan, du bist freier Journalist und Autor, Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Zeitpolitik und du hast Soziologie studiert und irgendwann bist du auf das Thema Zeit in der Wissenschaft gestoßen und zwar, du deine Masterarbeit über die Beschleunigungstheorie des Soziologen Hartmut Rosa geschrieben hast. Das war der Anfang deiner tieferen Auseinandersetzung mit Zeit. Ich frag jetzt einfach mal so platt, Stefan, wer ist in deinem Augen reicher? Jemand der Millionen von Euronen auf dem Konto hat oder jemand, der reich an Zeit ist.

Speaker 1: Ja, das ist eine sehr, gute Frage, die ich glaube ich aber leider nicht so pauschal beantworten kann. Die Frage ist wirklich gut und ich würde da auch gerne eindeutig darauf antworten, aber ich glaube, dass man das davon abhängig machen muss, wer jetzt zum Beispiel ein gutes Einkommen hat.

Speaker 2: Ja.

Speaker 1: der vielleicht oder die total gestresst ist, weil er oder sie wahnsinnig viel arbeitet, wird dann vielleicht sagen, ja, das, ich jetzt am dringendsten bräuchte, wäre mehr Zeit. Aber eine Person, die jetzt vielleicht an der Armutsgrenze lebt oder sogar darunter, wird wahrscheinlich nicht zuerst sagen, so, das, was ich jetzt am dringendsten bräuchte, wäre mehr Zeit, sondern halt erst mal Geld. Und das heißt, dass beides Zeit und Geld miteinander zusammenhängt. werdet ihr mich ja wahrscheinlich auch in euren Podcast eingeladen haben. Also wer zum Beispiel viel Geld hat, der kann sich halt auch einfach Zeit kaufen, indem er zum Beispiel eine Reinigungskraft beschäftigt oder eine Handwerkerin beauftragt oder den Lieferdienst ruft oder eben das Taxi nimmt statt den Bus. ⁓ Auf diese Weise kann man sich eben Zeit kaufen oder persönlichen Freiraum kaufen. Und es gibt auch Studien, die das halt zeigen, dass das persönlichen Zufriedenheit beitragen kann, wenn man das tut. Weil das halt eben so die empfundene Hektik verringern kann, wenn man das macht. Aber das kann eben nicht jeder. Also nicht jeder kann sich Zeit kaufen. Und man muss gleichzeitig auch bedenken, dass Zeit jetzt nicht an sich natürlich ein Wert ist, aber viel freie Zeit kann auch quälend sein. Zum Beispiel, wenn man krank ist oder wenn man auf der Flucht ist und vielleicht in einem Asylverfahren steckt oder auch wenn man arbeitslos ist. Das ist halt eine gewollt schlechte Freizeit. Also Menschen, die arbeitslos sind, sollen sich gar nicht gut fühlen und sind auch gar nicht frei in dieser Zeit. Deshalb ist das bloße Vorhandensein von freier Zeit jetzt auch nicht der alleinige Maßstab von Zeitwohlstand, sondern eigentlich eher nur die Grundlage von Zeitwohlstand. Können wir noch mal so bisschen näher auf Reich an Zeit eingehen? Der hat ja diese Frage so gestellt und hat ja auch ein Vorgespräch zusammengeführt. Mir ist das noch gar nicht so klar und vielleicht allen anderen auch nicht. Also wenn man reich auf dem Konto ist, Also viel Geld auf dem Konto hat, das ist ja quasi die Übersetzung. hab da eine Million auf dem Konto, das hat der ja grad schon gesagt. Was heißt denn jetzt genau reich an Zeit? Also manche sagen vielleicht, mein ganzer Tag ist durchgetaktet und wenn ich jetzt eine halbe Stunde frei hab, dann bin ich reich an Zeit. Was heißt reich an Zeit und gibt's da irgendwie eine Messgröße für? Ja. Also Zeitwohlstand ist auf jeden Fall etwas sehr Individuelles, weil das betrifft ja die Frage ... was wir persönlich in unserer Zeit machen wollen. Es geht persönliche Bedürfnisse, ⁓ Entscheidungen, wir treffen. Deshalb ist das ja sehr individuell. Das ist, wie du schon gesagt hast, bei finanziellen oder materiellen Bereichtum ein bisschen anders, wo es ja längst etablierte Verfahren gibt in der Wissenschaft, ⁓ mit bestimmten Begriffen zu arbeiten, irgendwie Medianeinkommen oder Netto-Äquivalenzeinkommen und solche Dinge. die sich irgendwie messen lassen. Aber selbst da ist ja eine gewisse Willkür irgendwie mit drin, weil man, wenn man jetzt wirklich Wohlstand definieren müsste oder Reichtum definieren müsste, dann würde man wahrscheinlich nicht nur über Geld sprechen, sondern vielleicht auch über andere Formen von Wohlstand, Gesundheit, Bildungswohlstand, Zeitwohlstand. Und bei Reichtum gibt es vielleicht auch einen inneren Reichtum, also auch bei Geld und bei Sachen, die sich in Zahlen messen lassen. gibt es ja auch irgendwie Klärungsbedarf und Unklarheiten. es ist natürlich jetzt erst mal vielleicht ein bisschen unbefriedigend zu sagen, dass das individuell ist. Und deswegen gibt es auch in der Wissenschaft Versuche, das messbar zu machen. Und da würde ich jetzt vor allem auf ein Forschungsprojekt verweisen, was so während der Pandemie durchgeführt wurde, unter anderem von der TU Berlin und andere Forschungseinrichtungen, die daran beteiligt waren. aus verschiedenen Disziplinen und die haben zum ersten Mal versucht, Zeitwohlstand wirklich messbar zu machen. Vorher wurde das eher auf qualitativer Ebene beschrieben und da wurde das zum ersten Mal messbar gemacht. Da wurden insgesamt vier verschiedene Dimensionen von Zeitwohlstand ermittelt. Das ist zum einen die Lebensgeschwindigkeit, also lebe ich in dem für mich persönlich angemessenen Tempo. Also habe ich für alle Tätigkeiten so viel Zeit zur Verfügung, dass ich mich nicht ständig beeilen muss. Die zweite Dimension ist Planbarkeit. Das heißt, dass Menschen zuverlässigen Erwartungshorizont haben, also zum Beispiel freie Wochenenden, bezahlten Urlaub, unbefristete Beschäftigung oder ein festes Renteneinsatzalter. Also dass sie halt einfach sichere Planbarkeit haben. Dann ist Selbstbestimmtheit noch eine Dimension. und Synchronisation. Das betrifft dann die Möglichkeit, man Tätigkeiten so koordinieren kann, dass sie gut miteinander vereinbar sind. Und das sind so die vier Dimensionen, mit denen man das messbar machen kann. Die Grundlage ist erst mal, dass es überhaupt mehr freie Zeit gibt. auf diese Weise kann man das berechnen. Dieses Forschungsprojekt hat auch einen Zeitwohlstandsrechner entwickelt. Das kann man dann auch mal selbst für sich irgendwie überprüfen, wie man da so im Vergleich zu anderen in der Bevölkerung dasteht. Das können wir ja mal nachher in die Show Notes packen dann, dass man das mit dabei hat, weil ich glaube, mal zu rechnen, dass jeder sich mal seinen Zeitwohlstand rechnet, das fände ich mal ganz spannend. Das können wir mal Challenge machen, Lena, in der Community. Da gibt es natürlich dann nicht so, ist jetzt nicht so, dass da dann irgendwie so ein Zeitkonto-Stand bei rauskommt, also dass man dann sagen kann, irgendwie auf einer Skala von eins bis zehn, so viel Zeitwohlstand habe ich jetzt. weil es natürlich immer noch davon abhängt, welche Dimension ist für mich am wichtigsten. Ist Selbstbestimmtheit für mich ein besonders hoher Wert? Das ist für mich persönlich auf jeden Fall so. Oder ist mir wichtiger, dass ich möglichst viel freie Zeit habe? Oder dass ich meinen Urlaub planen kann? Das ist natürlich am Ende immer noch individuell. Aber es hilft auf jeden Fall, diese Kriterien zu haben. Deswegen war dieses Forschungsprojekt sehr hilfreich. Megaspannend auf jeden Fall. Jetzt habe ich mitbekommen, dass ihr in der Vorbereitung ja einiges abonniert habt. Lena, was kann man noch so raus?

Speaker 2: Ja, also gerade zu deiner Frage, was ist denn überhaupt reich an Zeitsein oder Zeitwohlstand? Und ja, ich habe eben schon gesagt, Stefan, du hast dich mit dem Psychologen Hartmut Rosa beschäftigt und er hat ja eine ganz interessante Definition zur Zeitwohlstand und zwar ein Zustand, der dann eintritt, wenn Menschen mehr Zeit haben, als für die Erledigung ihrer Pflichten erforderlich ist. So, manche machen dann mit dieser Zeit irgendwie, keine Ahnung, Abend Netflix gucken, andere sagen, dass die Zeit verbringe ich jetzt mit meiner Familie oder mit meiner besten Freundin. Was sozusagen, wie gehen wir oder was beobachtest du, wie gehen Menschen mit ihrer Zeit und kann man auch sagen, da gibt es verschiedene Qualitäten, wie man Zeit nutzt.

Speaker 1: Also ich würde sagen, dass die Qualität von Zeit oft in sehr einfachen Dingen liegt. Ich glaube, dass wir oft eine sehr hohe Erwartung stellen an das, was in unserer Freizeit passiert. Also wenn man dann endlich mal Freizeit hat, dann muss es auch irgendwie perfekt sein und man muss was erleben und man muss bestimmte Leute endlich mal wieder treffen. Tolle Erlebnisse kreieren, irgendwelchen Projekten nachgehen. Also ich glaube, das ist auch dieser berühmte Freizeitstress, der dann entsteht, weil man eben relativ wenig Freizeit hat oder viele Menschen wenig Freizeit haben. Da muss es auch perfekt gestaltet sein. Und ich glaube, dass das halt ein zusätzlicher Druck sein kann. Wenn man denkt, man müsste etwas bestimmtes tun. ⁓ eine hohe Qualität der Zeit zu haben. Und ich glaube, das ist vielleicht so bisschen postkartenspruchmäßig zu sagen, dass es die einfachen Dinge sind. Aber das deckt sich zum Beispiel auch mit dieser Studie, die ich gerade erwähnt habe. Die haben halt auch eine Bevölkerungsumfrage gemacht während der Pandemie oder kurz vor der Pandemie und haben mal in einer repräsentativen Umfrage gefragt. was denn Menschen tun würden, wenn sie eine Stunde mehr Zeit pro Tag zur Verfügung hätten. Also wenn der Tag 25 Stunden hätte. Und da waren die häufigsten Antworten schlafen, ausruhen, lesen, Zeit für sich selbst haben. Also wahnsinnig unspektakuläre Dinge. Und dann kam halt kurz danach die Pandemie und der erste Lockdown, der ja für viele Menschen schon auch, also was man auch messen kann. zumindest vorübergehend mit einem Gewinn an Zeitwohlstand verbunden war. Also es war mehr Zeit da. Und da haben die Forscherinnen und Forscher eben diese Gelegenheit genutzt, nochmal die gleichen Leute zu fragen, was macht ihr denn jetzt mit dieser gewonnenen Zeit? Und ja, da waren die häufigsten Antworten dann eben auch Lesen, Gartenarbeit, Hausarbeit, Aufräumen, Putzen, Zeit mit den Kindern verbringen. Also eben auch sehr einfache Dinge. die glaube ich und das steht eben auch in dieser Studie drin, das sind Dinge, auf dem Alltag einfach zu kurz kommen.

Speaker 2: Das Putzen

Speaker 1: nicht, bei Katzen die putzen sich sehr viel. Also es hängt natürlich davon ab, man daran Freude hat. Manche hassen es auch, ich putze eigentlich relativ gerne und ja, das muss auch jeder für sich selbst entscheiden. es gibt ja diesen Begriff

Speaker 2: Aber geht es auch darum, dass du die Dinge, die du gerade aufgezählt hast, auch lesen, das sind ja recht, wie du auch gesagt hast, einfache Dinge. Zeigt das auch wieder so bisschen, Gefühl, man hat für die einfachen Dinge im Leben oft keine Zeit oder zu wenig Zeit? Ist das, was du gerade beschrieben hast? Oder zieh ich da was anderes raus?

Speaker 1: Ne, das würde ich damit sagen, dass man für solche einfachen basalen Tätigkeiten, dass gerade die halt oft im Alltag zu kurz kommen. Es gibt ja zum auch diesen Begriff der Me Time. Das ist so ein Begriff, vielleicht, glaube ich, eher so weiblich konnotiert ist, dass man dann

Speaker 2: Also Me-Times halt für sich, dass man irgendwie sagt, ich mach jetzt nur mal was für mich und muss mich irgendwie nicht anderen Bedürfnissen ergeben.

Speaker 1: Genau, also man hat endlich mal Me-Time. Zum Beispiel Mütter haben endlich mal Zeit, wo dann irgendwie die Kinder zwei Stunden nicht da sind und dann wird mit diesem Begriff Me-Time so verbunden, okay, dann muss man jetzt oder muss man dann irgendwie als Frau sich, keine Ahnung, mit einem tollen Badezusatz in die Badewanne lesen und euren Podcast zum Thema Zeitwohlstand hören. Also es sind so bestimmte Erwartungen damit verbunden, was in so einer freien Zeit dann halt zu geschehen hat. ich finde, das muss halt jeder und jeder für sich selbst entscheiden. Und es kann dann auch sein, dass jemand in dieser Zeit putzt, weil man da vielleicht gerade Lust zu hat oder irgendwas aufräumt oder so als so ganz banale Dinge, die man von außen auch jetzt nicht weiter beurteilen sollte. Es kann ja auch irgendwie Gartenarbeit sein oder auch irgendeine andere Form von Arbeit, wenn sich das für die Person gerade so anfühlt, dass es gut ist, dass es ein gutes Aufgehobensein in der freien Zeit ist.

Speaker 2: Du plädierst also für weniger zu beurteilen.

Speaker 1: Genau, also es gibt, glaube ich, einfach selbstgesteckte hohe Erwartungen, ja auch gesellschaftliche Bilder davon. Was Qualität von Zeit ist, da gibt es einen ganz schönen Begriff von dem Soziologen Andreas Reckwitz, den ich viel lese und zitiere. Der spricht in seinem aktuellen Buch von einer Positivkultur der Emotionen. Also alles muss irgendwie Erlebnis sein, persönlichen Entfaltung beitragen. Alles muss sinnstiftend sein und das sind wahnsinnig hohe Erwartungen irgendwie. Und da hat er auch den Begriff der Enttäuschungsanfälligkeit. wenn man halt sagt, okay, jetzt habe ich freie Zeit und jetzt muss ich irgendwie eine ganz tolle Me-Time haben. Keine Ahnung, was das jetzt für Männer ist, mir ist nichts eingefallen, was da so ein klassisches Me-Time-Ding wäre. wie Auto reparieren oder so. Ja, die Elektrik im Haus regeln. Ja, genau so war es halt irgendwie. Ja, und das nimmt ja auch eine gewisse Spontanität. Weil man darauf vielleicht gar keine Lust hat, sich gerade in die Badewanne zu legen oder so. Ist halt durch diese hohen Erwartungen eine Enttäuschungsanfälligkeit da. Also wisst ihr, was ich meine? Ich diesen Begriff irgendwie toll. Ja, jetzt ist es ja... Ich glaube, was man einfach mal akzeptieren muss als Sätze ist so was wie ich bin unproduktiv und ich bin unnütz und das ist gut so, dann halt so eine gewisse Entspanntheit zu haben an manchen Stellen. Ich glaube, dass manche da noch zu sehr durchtrieben sind und also oder durchgetaktet sind so rum. Hast du mal so drei Fragen, drei gezielte Fragen, die wir uns stellen können, die unsere Community sich stellen kann? wo man merkt, dass man eigentlich in einer ziemlichen Zeitknappheit sich befindet und von einer sehr engen Durchtaktung getrieben ist? Ja, es gibt da so ein Fragebogen, der mir vor ein paar Jahren begegnet ist. Als ich mich so bisschen intensiver mit Zeit beschäftigt habe, so auf wissenschaftlicher Basis, habe ich das Buch Eine Landkarte der Zeit von Robert Levin gelesen. Das ist so ein Klassiker in der Zeitforschung. Da geht es darum, wie verschiedene Kulturen mit Zeit umgehen, was auch sehr spannend ist. In Deutschland hat er eine relativ hohe Lebensgeschwindigkeit gemessen. das für sich selbst zu überprüfen, er das in Fragebogen entwickelt. ist nicht besonders, dient einfach nur dazu, sich selbst zu schauen, wie ist mal ein eigenes Lebenstempo. Da ist eine Frage zum Beispiel, hast du es zu warten? Oder schaust du häufig auf die Uhr und bist du in der jeweiligen Uhrzeit besonders bewusst? Oder auch die Frage, ob man jeder Tätigkeit einen gewissen Zeitrahmen zuweist? ja, da gibt es noch mehr solcher Fragen und ich habe irgendwie sehr viele davon ja beantwortet. Ich auch gerade, alle. Und vor allem diese Frage, ob man jeder Tätigkeit einen gewissen Zeitrahmen zuweist, das habe ich halt immer total viel gemacht.

Speaker 2: Ja.

Speaker 1: Und das, was ich gerade schon meinte, dass man sich so eine Spontanität nimmt durch dieses Durchplanen von Zeit, das macht man ja auch dadurch, dass man von vornherein sagt, so jetzt, ja, mache ich eine bestimmte schöne Sache, zwei Stunden oder so.

Speaker 2: Das Gleiche kommt aber auch, wenn es um Arbeit geht. finde ganz oft, wenn man sagt, es sind 30 Minuten fertig, dann hindere ich mich manchmal selbst daran, die Tiefe zu denken. Ich finde, gerade wenn man komplexe Aufgaben bearbeitet, wenn man wirklich denken möchte, dann hilft es überhaupt nicht, sich so ein Zeitlimit zu setzen. Das finde ich total befreiend, dass du es auch nochmal ansprichst. Vielleicht sollte man sich gar nicht immer so viele Zeitbudgets selbst geben. Wie sieht's denn, apropos unproduktivität, Ingo gerade angesprochen hat, wie sieht's denn da aus, ja, mit der Frage, braucht Zeit wirklich immer so einen bestimmten Zweck? Das hast du gerade gesagt, ein Zeitrahmen, wie lange man etwas macht, auch so, muss da immer ein Zweck hinterstecken? Oder anders gefragt, wie hast du es geschafft, dich von dieser, ich bin immer produktiv, von dieser Arbeitsetik zu entfernen?

Speaker 1: Und vor allem, was man ja auch noch sagen muss, es ist ja auch irgendwie unsexy. Also wenn ich jetzt beim Stammtisch bin, dann kommt ja derjenige besser an, der sagt, ich habe das geschafft, ich habe das geschafft, ich das geschafft. Also vermeintlich kommt das besser an bei der Mehrheit. Anstatt zu sagen, ich lag einfach nur den ganzen Tag faul auf der Couch, hab Chips gefressen und hab einfach nichts gemacht. Also da wird keiner, also ich glaube einer von zehn vielleicht, wird da hin und stehen und applaudieren. Das finde ich noch mal so als Einwurf. Ja, also Nichtstun hat halt keinen guten Ruf und das hat ja auch Ich weiß nicht, ob ihr die kennt. Jenny Odell hat vor zwei, drei Jahren Buch über Nichtstun geschrieben. Das heißt auch Nichtstun. Und sie beschreibt darin das Nichtstun als einen großen politischen Widerstandsakt gegenüber dem Kapitalismus, der das Nichtstun uns verbieten möchte. Und ich tue mich damit halt selbst auch total schwer, einfach weil ich natürlich auch eine kulturelle Prägung habe. und auch eine soziale Prägung, die jetzt nicht unbedingt den Zeitwohlstand für mich prädestiniert hat. Ich bin in einer Kleinstadt aufgewachsen, die jetzt nicht akademisch geprägt ist, bin selbst Arbeiterkind. Und mir ist halt beigebracht worden, dass es eigentlich vor allem darauf ankommt, dass ich erst mal einen Ausbildungsberuf habe und dann bei einer Firma angestellt werde. Also das war so in der Generation meiner Eltern und so in meinem sozialen Umfeld, meiner Kindheit und Jugend, war das eigentlich so der Maßstab eines gelungenen Lebens. Also dass man verheiratet ist, Kinder hat, Eigenheim, Auto. Ja, nur damit eng verbunden dann halt auch die Erwartung einer Erwerbsarbeit möglichst in Form von einer unbefristeten Festanstellung und in Vollzeit natürlich nachzugehen. Das ist ein Ideal, was man halt nicht so einfach abschütteln kann. es geht halt einfach nicht. Und wenn man dann auch mal so die Entbehrungen gesehen hat, die damit verbunden sind mit diesem Lebensmodell, also eine hohe berufliche Belastung, wenig freie Zeit, trotz allem immer noch sehr bescheidenes Einkommen, dann neigt man halt nicht gerade automatisch dazu, ohne schlechtes Gewissen viele Pausen einzulegen oder zu sagen, ihr habt das jetzt gemacht in eurem Leben tagtäglich und ich mache jetzt halt mal nichts. Aber man sieht halt dann eben auch, dass es gesellschaftlichen Handlungsbedarf gibt, wenn der Vater berufsbedingt nur wenig Anteil am täglichen Leben der Kinder hat, wenn da berufliche Belastungen sind. wenn es halt einfach zu wenig Regenerationszeit gibt und das auch irgendwie tabuisiert ist, drüber zu sprechen, dann will man halt irgendwie auch daraus.

Speaker 2: Ich find's total spannend, was du gerade beschrieben hast. Vor allen Dingen, weil du ja ausgebrochen bist. Du bist jetzt Freier Journalist, du arbeitest selbstständig. Du bist von diesem Ideal, wie deine Familie es vielleicht sieht oder gesehen hat, weg. Da noch mal konkret, wie schaffst du das? Also, du da für dich irgendwie eine Arbeitsmethode gefunden oder eine Lebensweisheit, ein Glückskeksweisheit für uns. Wie du es geschafft hast, reicher an Zeit zu führen und eben dieses enge Taktete loszulassen. War das wirklich der Schritt in die Selbstständigkeit oder kam danach noch etwas?

Speaker 1: Ja, das ist so ein Prozess. reflektiert man oder ich reflektiere viel über die Zeit, weil ich mich viel damit beschäftige und versuche natürlich auch Konsequenzen daraus zu ziehen. ich habe zum Beispiel ja, das eine ist natürlich so das tägliche Zeitverhalten, also das, was ich eben gesagt habe mit diesen Fragen, die ich mich gestellt habe. wo ich mich selbst im Alltag verlangsamen kann, also dass man sich auf dieser Ebene des Zeitmanagements vielleicht, aber entscheidender für mich sind so die konkreten Veränderungen. ich habe halt, als mir nach meiner Volontariatszeit eine Stelle angeboten wurde als Redakteur, in Vollzeit kam das halt für mich nicht in Frage, weil meine Tochter unterwegs war und ich halt auf jeden Fall nicht in Vollzeit arbeiten wollte und deswegen bin ich da eben nicht geblieben und habe seitdem, also meine Tochter ist jetzt etwas über fünf und seitdem arbeite ich halt in Teilzeit und kann mir halt Vollzeit auch nur vorstellen, wenn ich das irgendwie halt selbstbestimmt gestalten kann. ja, der Schritt in die Selbständigkeit hat mir da nochmal auf jeden Fall einen großen Fortschritt gebracht, was das Thema Selbstbestimmtheit angeht und Was ich eben schon gesagt habe, Planbarkeit, Synchronisation. Man muss ja auch, wenn man eine Familie hat, viel miteinander koordinieren. das geht natürlich in der Selbstständigkeit relativ gut. Man ist halt dann irgendwie beim Thema Arbeit. Man ist natürlich mit Zeitmanagement auf einer Ebene, wo man selbst irgendwie direkt was machen kann. Ist ein super Stichwort, da hake ich mal kurz ein, wenn ich darf. Thema Arbeit, das ist ja auch gerade die Reihe, mit der wir uns beschäftigen, Arbeit und Geld. Hast du denn noch so aus deiner eigenen Erfahrung, die du gerade so bisschen geschildert hast, Tipps, wie man jetzt eben deine Ideen bezüglich des Zeitwohlstands auf die Arbeit anwenden kann? meine, ganz konkret ist das jetzt zum Beispiel mit Deadlines. Also, die hat man ja häufig auf der Arbeit. Wie kann man eben diesen Zeitwohlstand Gerade mit Bezug auf die Arbeit, wie kann man den erhöhen für sich? Ja, also ich würde jetzt nicht natürlich nicht allen raten, so macht euch selbstständig. Das ist natürlich keine Lösung, dass das alle machen. war das jetzt für mich ein richtiger Schritt. Aber es ist völlig richtig, dass man das halt natürlich auch in einer Festanstellung irgendwie anwenden muss und es da schaffen muss, halt Zeitwohlstand zu etablieren. Und da gibt es verschiedene Komponenten, glaube ich, die auch nicht immer so genügend berücksichtigt werden, wenn man halt irgendwie von Work-Life-Balance spricht oder von flexiblen Arbeitszeiten oder Familienfreundlichkeit. Das sind ja alles so Begriffe, die auch in Stellenanzeigen auftauchen, womit dann auch irgendwie Arbeitgeber ganz gerne werben, so dass es das gibt. Aber was sich genau dahinter verbirgt, ist dann häufig eigentlich unklar. Also was eigentlich alles ... mit Zeit zu tun hat in der Arbeit. ist eine ganze Menge. was ich da sehen würde, wäre zum Beispiel, dass Menschen sich auf ihre Aufgaben konzentrieren können und ablenkungsfrei arbeiten können, was so ein riesiges Problem ist in der Arbeitswelt.

Speaker 2: Alle müssen immer zu Meetings, ne?

Speaker 1: Ja, also dass man alle paar Minuten eigentlich irgendwie rausgerissen wird, weil ein Meeting ist oder weil irgendeine Nachricht aufploppt oder so oder weil man sich selbst ablenkt. Also das finde ich einen wichtigen Punkt, dass es so Fokuszeiten gibt. Dann ja, was ich jetzt schon mehrmals angesprochen habe, hohe Autonomie und Flexibilität bei der Arbeitszeit. Dann natürlich, dass man möglichst wenig so spät abends arbeiten muss oder nachts arbeiten muss. an Feiertagen und am Wochenende. Da geht es die Lage der Arbeitszeit. Und Zeiterfassung finde ich persönlich total gut, weil es auch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer schützen kann vor unbezahlter Mehrarbeit.

Speaker 2: Dass man einfach immer aufschreibt oder Mist mitnimmt. Ich habe auch so ein Tool, man immer angibt, das das mache ich gerade und dann misst man wirklich wie lange die Aufgabe gebraucht hat.

Speaker 1: Genau, es muss ja nicht minutengenau sein. glaube nicht, dass das jetzt durch das Gesetz, was gerade entsteht, erfordert ist, dass es immer minutengenau ist. Da soll schon noch gewisser Spielraum sein. Aber es schützt, glaube ich, vor Überarbeitung oder dafür, dass Leute noch Arbeit mit nach Hause nehmen. Dann Zeitdruck, hast du ja eben angesprochen, Ingo, ist ein großes Thema in sehr, sehr vielen Berufen. Das sollte natürlich nicht die Regel sein. Also Zeitdruck zu verringern ist wichtig. Und was ich auch ganz toll finde, sind so Projekte, wo Menschen halt nach ihrem eigenen Chronotypen arbeiten können. Für manche ist einfach das viel zu früh gemacht, morgens anzufangen.

Speaker 2: dass ich nicht mit Wecker aufstehen muss. Deshalb bin ich selbstständig geworden. Nein, aber ist ein guter Grund.

Speaker 1: Ja, also das kann man auch in zum Beispiel in Kliniken irgendwie. Da gab es ein Projekt in Bayern war das, glaube ich, wo halt eine Klinik irgendwie so eine Chronotyp orientierte Personalplanung eingerichtet hat. Also das ist schon auch möglich, wenn man das denn möchte. Ja, natürlich Pausen ermöglichen, Auszeiten, längere Auszeiten zu ermöglichen. Da gibt es halt zum Beispiel ein Modell, das heißt Kurzzeit-Cybertical. wo man sich ein Zeitkonto so was ansparen kann, dass man längere Pausen machen kann. Es gibt viele gute Ideen und Modelle, die dazu beitragen, dass Zeit viel umfassender bei der Arbeit berücksichtigt wird. Das finde ich in der jetzigen Diskussion total wichtig, dass man über Begriffe wie Work-Life-Balance hinauskommt und nicht nur über die Länge der Arbeitszeit spricht und diese verschiedenen Komponenten in den Blick nimmt.

Speaker 2: Ingo hat das jetzt in den letzten Folgen schon öfter angesprochen, seitdem wir bei Cecibiti reden, aber auch in der Folge mit Franka und zwar die Vier-Tage-Woche und die ist ja generell auch, ja, in aller Munde, kann man so sagen, klingt verlockend, nur montags bis donnerstags arbeiten. Was würdest du sagen, ich höre ein bisschen generell, manchmal ein kleines Arcasmus, bisschen Kritik raus aus deinen Worten, was würdest du sagen ist vielleicht kritikwürdig an dieser Idee? so anstatt klar vier Tage Arbeit ist schön, aber man muss sich wahrscheinlich dann auch ein bisschen beeilen oder, das ganze Pensum zu schaffen von fünf Tagen.

Speaker 1: Im besten Fall ist das nicht so, dass man sich beeilen muss und das schaffen auch viele Unternehmen, dass das nicht zu einer Verdichtung führt. Also viele Unternehmen, die die Viertagewoche eingeführt haben, das sind ja mittlerweile sehr viele in Ländern, wo es halt Pilotprojekte gab, aber auch in Deutschland sind es schon sehr viele. Und viele dieser Unternehmen verstehen es halt als Möglichkeit, nicht nur einen Tag zu streichen, sondern halt auch Arbeitsstrukturen zu unterfragen. Ich habe da mal vor einiger Zeit mit Joe O'Connor gesprochen. Der ist für die Initiative 4-Day Week Global einer der Mitverantwortlichen für diese Pilotprojekte. Und der hat gesagt, dass Unternehmen, die die Viertagewoche einführen, vor allem oder sehr oft drei Dinge machen, nämlich das, was wir eben schon angesprochen haben, Meetings kürzen und reformieren, digitale Tools intelligenter, achtsamer nutzen und den Gesamtarbeitstag neu zu gestalten, indem sie zum Beispiel Phasen für konzentriertes Arbeiten schaffen und eben auch Zeit für Meetings, Zeit für soziale Zeit. Das heißt, wenn die Viertagewoche jetzt nicht von generellen Überlegungen begleitet wird, wie man halt Arbeitsstrukturen verändert, dann wird es, glaube ich, schwierig. Also dann wird es halt diese Verdichtung und man schafft es dann nicht mehr. Oder es ist einfach ein zu hohes Arbeitspensum oder einfach zu lange Arbeitstage, was dann auch wieder nicht gesund ist. Deswegen das würde ich auf jeden Fall kritisch sehen. Ja, aber das ist...

Speaker 2: Aber grundsätzlich schon ganz gut. Weniger arbeiten als mehr.

Speaker 1: Ja, also ich bin auf jeden Fall eher ein Befürworter der V-Tagewoche, wenn man das halt nicht so in Form dieser Verdichtung macht, sondern so wie das halt auch erfolgreiche Unternehmen machen, die durch diese besseren Arbeitsstrukturen eben auch sehen, dass die klassischen Arbeitszeitstrukturen nicht mehr notwendig sind.

Speaker 2: Ja, die Community weiß, also ihr da draußen wisst, ich schreibe ein monatliches Newsletter von How I Met My Money über How I My Money und allem, was wir lernen. Ich bin aber nicht nur eine Newsletter-Schreiberin, sondern ich lese auch super gerne Newsletter und auch deinen. Das heißt, Stefan, ich hab dich eingeladen, weil ich schon länger dein Newsletter lese und ich hoffe, dass jetzt alle, die die Podcast-Folge hören, den sofort abonnieren. Er super. Er heißt Inseln. der Zeit und den gibt's und da zitiere ich dich selbst mal, weil wir Freiräume brauchen, in denen wir nicht funktionieren, brennen, uns beeilen. Ein Newsletter über die Suche nach den Dingen, die wir wirklich tun wollen und nach der Zeit, die wir dafür brauchen. Also die Suche nach den Dingen, die wir wirklich tun wollen. Stefan, wie findet man die?

Speaker 1: Dafür braucht man natürlich erst mal Zeit, die überhaupt zu finden. Ich glaube, dass unsere Gesellschaft sehr stark von dieser Arbeitsrolle geprägt ist. Das nimmt den Großteil unseres Tages ein und ist oft an fünf von sieben Tagen das, was wir den ganzen Tag über machen. Und das wird nicht so richtig hinterfragt. Das ist so irgendwie... Normal, dass Arbeit so stark unser Leben prägt. Und dann ist es halt auch schwer, vielleicht mal über Alternativen nachzudenken, was man denn noch machen könnte und wer man auch vielleicht noch sein könnte. Also zum Beispiel jemand, der oder die sich auch sozial engagiert, was halt unter den bestehenden Bedingungen extrem schwierig ist, weil die Zeit dafür nicht da ist und dann das Einkommen vielleicht nicht mehr reicht. Das gibt glaube ich nicht so in den bestehenden Arbeitsstrukturen die Möglichkeiten auch über eine andere Rolle nachzudenken und herauszufinden, was man vielleicht noch überhaupt machen könnte.

Speaker 2: Danke Stefan für dieses Gespräch, dieses kritische Gespräch über Zeit, wie wir unsere Zeit nutzen sollten oder das vielleicht mal hinterfragen, wie wir sie nutzen sollten. über Zeitwohlstand. Dankeschön.

Speaker 1: Megaspannend. Auch vielen Dank von mir. Danke euch. Bis dann. Ciao, ciao.

Speaker 2: Tschüss. ⁓ Online-Kurse führt deine finanzielle Zukunft zu ETFs, Immobilien und Altersvorsorge. Natürlich gibt's für dich Rabatt. Schau dafür einfach in die Show Note.

Über diesen Podcast

Was, wenn dein Umgang mit Geld mehr über dich verrät, als du denkst?
In How I met my money geht’s nicht nur ums Geld - sondern darum, was es mit dir macht.

Journalistin und Interviewerin Lena Kronenbürger & Honorarberater und Finanzcoach Ingo Schröder sprechen offen über die Themen, die meist unter der Oberfläche bleiben: Geldsorgen, Beziehungskonflikte, Scham, Sicherheit und echte Freiheit.

Dafür laden sie wöchentlich am #moneymonday spannende Expert:innen aus Wissenschaft und Praxis ein - und stellen die Fragen, die du dir vielleicht selbst nie gestellt hast:
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Disclaimer: Der Inhalt dieses Podcasts dient ausschließlich der allgemeinen Information. Die im Podcast gemachten Aussagen sind nicht als Aufforderung oder Empfehlung zu verstehen, einzelne Finanzprodukte zu erwerben oder zu verkaufen. Alle Informationen aus diesem Podcast können und sollen eine individuelle Beratung durch hierfür qualifizierte Personen nicht ersetzen.

von und mit Lena Kronenbürger & Ingo Schröder

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